Märchenschloss im Regenwald

Märchenschloss im Regenwald

Unsere Geschichte beginnt im Jahr 1913, als José Paronella die weite Reise von Spanien nach Australien antritt, um als Zuckerrohrschneider sein Glück zu versuchen. Elf Jahre harter Arbeit und einige lukrative Immobiliengeschäfte später kehrt José als gemachter Mann nach Spanien zurück, wo er heiratet und mit seiner Braut für ein Jahr durch Europa reist. Anschließend nehmen beide ein weiteres Mal die Strapazen einer Überfahrt ans andere Ende der Welt auf sich, um mitten im Regenwald von Queensland an einem Wasserfall seinen von den europäischen Schlössern inspirierten Traum zu verwirklichen.

Nachdem er ein Cottage für seine Familie gebaut hat, beginnt José mit der Planung des Paronella Parks: Rund um den Wasserfall errichtet er ein Castle (wechselweise Kino- und Ballsaal), tropische Gartenanlagen, Tennisplätze, Umkleideräume, Picknickbänke, ein Café und das erste Wasserkraftwerk in Nord-Queensland, das neben den Gebäuden auch den Filmprojektor und die Discokugel im Castle mit Strom versorgt.
Das ist mal ein Mann mit einer Vision (der sie auch noch umzusetzen versteht). Eine Discokugel! Neunzehnhundertfünfunddreißig! Mitten im Regenwald von Queensland, noch heute eine anderthalbstündige Autofahrt von Cairns entfernt. Wen stört es da schon, wenn kurzzeitig die Filmvorführung unterbrochen wird, während Señor Paronella die Schlangen erschießt, die zwischen den Kinosesseln herumschlängeln?

Der Paronella Park in den Dreißigern (Quelle: Internet)

Paronella Castle erweist sich als voller Erfolg. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit der Familie. 1946 wird der Park überschwemmt und herabgetriebene Baumstämme verwüsten einige Bereiche der Anlage. Zwei Jahre darauf stirbt José Paronella an Krebs. Die Parkanlagen und das Castle bleiben bis 1979 in Betrieb, bis ein Feuer große Teile des Saals zerstört. Der Zyklon Winifred tut 1986 ein Übriges.

Der große Saal damals und heute

Es sollte bis 1993 dauern, bis Mark und Judy Evans die überwucherten Überreste von Josés Vision entdeckten und sich in den Ort verliebten. Zwei weiterer Zyklone und massiver Überschwemmungen zum Trotz halten die beiden zusammen mit ihrem Team den Paronella Park seitdem instand.

Die allgemeine Stimmung während der Führung war, „Wie schade, dass all die schönen Gebäude nicht vollständig erhalten werden konnten“, aber wir finden, dass die malerisch überwachsenen Ruinen mitten im Regenwald noch mehr zum Charme des verwunschenen Märchenschlosses beitragen.

Ein toller Tag für Liebhaber der Lost Places. Und für uns zugleich ein toller Einstieg in Australien: Kaum waren wir auf den Parkplatz der Anlage eingebogen, kam — „How ahah ya?“ — ein netter Parkplatzwächter auf uns zu, der nicht nur vorauslief, um uns einzuweisen, sondern sich anschließend auch noch entschuldigte, dass wir die paar Schritte hatten laufen müssen — „Sawrry ya ’ad ta walk, mates“. Am Eingang zum Park begrüßte uns Besitzer Mark persönlich: „Guten Tag“, schüttelte er uns die Hand und schöpfte mit einem fröhlichen „Schna-bel-tier“ seinen deutschen Wortschatz voll aus.
Liegt es an der Sunshine Coast (oder liegt es an uns?), aber wir hatten die Australier als freundlich, aber nicht als so freundlich in Erinnerung. (Und unsere Standards, was Freundlichkeit angeht, sind nach drei Wochen Bali aktuell recht hoch gesteckt.) Auf jeden Fall eine schöne Aussicht, die nächsten Wochen bei den netten Aussies zu verbringen …

Shadows and Tall Trees: die „Kauri Avenue“ im Paronella Park

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