Das unsinkbare Schiff

Das unsinkbare Schiff

In der Nacht auf den 15. April 1912 herrscht ausgelassene Stimmung an Bord des größten Schiffes der Welt. Diejenigen, die in der glücklichen Lage gewesen waren, sich Tickets für die Jungfernfahrt leisten zu können, tanzten und feierten im Speisesaal, das Orchester auf dem Bootsdeck spielte Ragtime. Die abstrusen Gerüchte, dass Rettungsboote zu Wasser gelassen worden seien, ignorierte man. Wer wollte schon in einer winzigen Nussschale mitten auf dem eiskalten Atlantik auf das Ende des Bootsmanövers warten, während auf dem unsinkbaren Luxusliner gerade die nächste Runde Champagner ausgeschenkt wurde? Erst als der Schiffsrumpf zerbrach und die Gas- und Stromleitungen gekappt wurden, wurde auch den letzten Passagieren die Wahrheit bewusst.
Die Titanic sank.

Zeitgenössische Darstellung (Wikimedia)

Ein dramatischer Einstieg für einen Blogbeitrag. Dabei war uns, als wir für unsere Tour durch Nova Scotia einen Flug nach Halifax gebucht haben, all das nicht bewusst.
Auch nicht, dass 1917, nur fünf Jahre nach dem medienwirksamsten Schiffsunglück der Geschichte, bei der größten menschengemachten Explosion vor Abwurf der Atombombe 2000 Menschen ums Leben kamen, als der norwegische Frachter Imo am Morgen des 6. Dezember 1917 das französische Munitionsschiff Mont Blanc rammte, das mit 3000 Tonnen Brenn- und Sprengstoffen an Bord auf dem Weg nach Europa war. Durch den Funkenschlag der Kollision fing die Mont Blanc Feuer und verwandelte sich mitten im Hafen von Halifax in eine gigantische Bombe, die auf den Pier zutrieb und schließlich explodierte. Das Hafenviertel von Halifax wurde im Umkreis von 2,5 Kilometern dem Erdboden gleich gemacht, der Anker des Schiffes wurde drei Kilometer weit geschleudert und noch im 100 Kilometer weit entfernten Ort Truro zerbarsten Fensterscheiben.

Doch zurück zur Titanic.
Das erste Schiff, das deren Notsignale empfing, war die vier Stunden entfernte RMS Carpathia, die viele der in den halb leeren Rettungsbooten ausharrenden Menschen an Bord nahm. Für diejenigen, die ins eiskalte Wasser gesprungen waren, kam jede Rettung zu spät.

Die Überlebenden wurden nach New York gebracht, die Toten nach Halifax.

Halifax, die der Unglücksstelle nächstgelegene Stadt, verbindet damit eine lange Geschichte mit dem Untergang der Titanic. Zahlreiche Fundstücke und Artefakte aus dem Ozeanriesen finden sich heute im Maritime Museum of the Atlantic (aus dem auch die meisten unserer Fotos stammen), während die Leichen auf dem Friedhof der Stadt begraben liegen (wo nach der Verfilmung der Katastrophe Ende der Neunziger die Friedhofsgärtner schubkarrenweise Plüschtiere von Leonardo DiCaprios Jack Dawsons Grab schaffen mussten).

Liebe in den Zeiten des Untergangs: Leonardo DiCaprio und Kate Winslet (Titanic)

Viel ist sonst von der Unsinkbaren nicht mehr übrig. Jüngste Aufnahmen des Wracks in 3,8 Kilometern Tiefe berichten vom immer weiteren Zerfall durch Korrosion und eisenfressende Bakterien. Immerhin, ein Deckchair steht noch — im Maritime Museum in Halifax. (Und eine Champagnerflasche in der Atlas Bar in Singapur.)

3 Gedanken zu „Das unsinkbare Schiff

  1. Hello friends. This visit to the Titanic museum in Halifax is very poignant. You will know that the Titanic was built in Belfast and this year, we also visited the museum and centre in Belfast. Very interesting. Much of the table linen was made in Lisburn, just 4 kilometres away from Hillsborough. Best wishes to you both.
    Richard and Christina.

  2. super spannend – vielen Dank!
    Jetzt musst ich mich erstmal schlau machen zu Halifax, der Bombe und natürlich nochmal Titanic, die ich immer noch faszinierend finde…

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